Ist-Situation
Das Wort „Pflegeberatung“ ist nicht weit verbreitet. Der Grund dafür ist, dass kaum Werbung für die Pflegeberatung gemacht wird und die Betroffenen nur begrenzt beraten werden. Das Problem ist dabei auch, dass viele Versicherte und deren pflegende Angehörige gar nicht danach fragen. Es gibt mehrere Gründe, warum diese nicht nachgefragt wird. Das eine ist Vorsichtigkeit mit Kostenträgern, aber auch sprachliche Barrieren oder Unwissenheit der Betroffenen.
Alles in allem haben die Versicherten das Recht über die Pflegekassen beraten zu werden. Viele Betroffene bzw. pflegende Angehörige kennen diesen Anspruch jedoch nicht.
Wenn der Pflegebedarf heute auf morgen da ist oder sich die bestehende Pflegesituation verschlimmert, steht man oft überfordert da. In solchen Momenten denken die pflegebedürftigen Menschen selbst und deren pflegende Angehörige nicht an die Bürokratie. Um Pflegeleistungen von der Pflegeversicherung bekommen zu können, muss vorher ein Antrag bei der jeweiligen Pflegekasse gestellt werden. Die Pflegekassen sind an die Krankenkassen angegliedert.
Irgendwann erfolgen auch die ersten Schritte zum Pflegegradverfahren, aber das hat oft keinen Erfolg, da viele Anträge nach dem Pflegegutachtenverfahren abgelehnt werden. Um solche Ablehnungen von gesetzlichen/privaten Pflegeversicherungen vermeiden zu können, sollte der Weg mittels der Begleitung durch einen unabhängigen Pflegeberater gestartet werden.
Egal ob Sie zu Hause oder in einem Seniorenheim gepflegt werden möchten, brauchen Sie einen Pflegegrad nach Pflegeversicherungen (SGB XI), um Pflegeleistungen (Geld- und Sachleistungen) beziehen zu können.
Pflegeberatung
Nach § 7a des Sozialgesetzbuches XI haben die Versicherten der Pflegekassen seit 01.01.2009 Anspruch auf Pflegeberatung. Das ist für die Versicherten der Pflegeversicherung kostenlos. Die Pflegeberatung wird entweder selbst von der Pflegekasse oder von einer unabhängigen Beratungsstelle (z.B. Pflegestützpunkte, Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit) durchgeführt. Die Pflegestützpunkte sind unter Leitung der Kommunen und der Pflegekassen.
Was beinhaltet die Pflegeberatung?
- Ermittlung des Hilfe- und Unterstützungsbedarfes
- Individuelle Beratung zu:
- Pflegeleistungen (Pflegegeld, Pflegesachleistung, Kombinationsleistung usw.)
- Leistungen zur Entlastung der Pflegepersonen (z.B. Pflegekurse, Pflegeunterstützungsgeld, Pflegezeitgesetz, Verhinderungspflege)
- Pflegehilfsmittel (z.B. Zugang zu Pflegehilfsmitteln, Hilfe bei der Antragstellung)
- Hilfsmittel (z.B. benötigt der Betroffene eine Gehhilfe?)
- Prävention und Gesundheitsförderung (Aufnahme von Präventionsmaßnahmen wie Gesundheitskursen zur Ernährung, Stressbewältigung, Erhalt und Wiederherstellung der Mobilität, Verminderung der Schmerzen, Integration in den Alltag), Erstellung eines individuellen Versorgungsplans mit den im Einzelfall erforderlichen Sozialleistungen und gesundheitsfördernden Maßnahmen (präventiv, kurativ, rehabilitativ usw.)
- Umsetzung der im Versorgungsplan erstellten Zielvereinbarungen, erforderliche Maßnahmen
- Überwachung bzw. Begleitung der im Versorgungsplan aufgeführten Maßnahmen, Zielvereinbarungen; gegebenenfalls auch Anpassung des Versorgungsplans bei veränderter Bedarfslage
Was ist eine unabhängige Pflegeberatung?
Unabhängige Pflegeberatung bedeutet für die Leistungsempfänger, dass diese neutral, individuell und transparent nach ihrem Pflegebedarf bzw. Versorgungsbedarf beraten werden. Die Interessen des Betroffenen müssen immer im Vordergrund stehen.
Unabhängige Pflegeberatungen können neben den Pflegekassen unter anderem auch von privaten Pflegeberatern übernommen werden. Diese Beratung gibt es dann in diesem Falle nicht nur einmal, sondern je nach Bedarf der Betroffenen.
Private Pflegeberater arbeiten unabhängig von den Pflegekassen bzw. Leistungsträgern. Für ihre Dienstleistungen erhalten sie keinerlei Auszahlungen von den Pflegekassen, da sie nicht von den Pflegekassen für die Pflegeberatung beauftragt werden. Ihre Beratungskosten werden vom Leistungsempfänger selbst getragen.
Unterschiede von Beratungen nach SGB XI
Dem Betroffenen ist meistens nicht eindeutig klar, welche Arten von Beratungen es nach SGB XI gibt. Neben der Pflegeberatung (nach § 7a SGB XI) existieren noch weitere Beratungen wie:
1. Beratungseinsatz/ Beratungsbesuche zu Hause nach § 37 Abs. 3 SGB XI:
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- Zielgruppen:
- Pflegebedürftige, die Geldleistungen (Pflegegeld) bekommen.
- Ziele:
- Sicherstellung der Qualität von Angehörigenpflege.
- Regelmäßige Hilfestellung und praktische pflegefachliche Unterstützung der häuslich pflegenden Angehörigen.
- Zielgruppen:
-
- Kosten/Träger:
- Kosten werden von Pflegekassen/Kostenträgern getragen.
- Beratungseinsätze/Beratungsbesuche werden entweder von zugelassenen Pflegediensten oder von seitens der Landesverbände der Pflegekassen anerkannten Beratungsstellen durchgeführt.
- Ort:
- In der häuslichen Umgebung der Pflegebedürftigen (= vor Ort)
- Kosten/Träger:
Beratungseinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI sind bei Pflegegeld verpflichtend. Das sieht folgendermaßen aus:
Pflegegrad | Häufigkeit der Beratungseinsätze |
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Pflegegrad 1 | nicht verpflichtend* |
Pflegegrad 2 | halbjährlich einmal |
Pflegegrad 3 | halbjährlich einmal |
Pflegegrad 4 | vierteljährlich einmal |
Pflegegrad 5 | vierteljährlich einmal |
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* Bei Pflegegrad 1 ist es nicht verpflichtend. Für den Fall, dass Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 Pflegesachleistungen über einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nehmen, können Beratungsbesuche/Beratungseinsätze über den ambulanten Pflegedienst ebenso einmal halbjährlich abgerufen werden.
2. Beratungen zur Pflege für die Pflegepersonen/ Angehörigen
= individuelle Pflegeschulungen/ Pflegekurse nach § 45 SGB XI (z.B. zum Thema Demenz)
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- Zielgruppen:
- Ehrenamtliche Pflegepersonen, Angehörige der Pflegebedürftigen
- Zielgruppen:
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- Ziele:
- Erleichterung und Verbesserung der Pflege und Betreuung
- Förderung und Stärkung des sozialen Engagements in der Pflege
- Minderung und Vorbeugung der körperlichen, pflegebedingten, seelischen Belastungen
- Vermittlung der Fertigkeiten für die eigenständige Durchführung der Pflege
- Ziele:
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- Kosten/Kursträger:
- Kostenlos; Kosten werden von der Pflegekasse übernommen
- Kurse/Schulungen werden entweder selbst von der Pflegekasse durchgeführt oder gemeinsam mit anderen Pflegekassen; es ist aber auch möglich, dass die Pflegekassen andere geeignete Einrichtungen beauftragen
- Ort:
- Digital, bei Bedarf aber auch zu Hause oder in öffentlichen Kursen
- Kosten/Kursträger: